Die Stadtentdecker voll digital in der Medienstadt Babelsberg

Ein Stadtentdecker-Projekt mitten in der Covid-19-Pandemie würde besondere Anforderungen an die Projektbearbeitung stellen, aber vielleicht auch noch innovativere Ergebnisse hervorbringen. Diese Projektziele standen bei der Vorbereitung im letzten Spätsommer für Projektbegleiter Alexander Paul im Vordergrund. Zunächst musste sichergestellt werden, dass das Projekt auch bei einer jederzeit möglichen erneuten Schulschließung zu Ende geführt werden konnte. Daher entschlossen wir uns, zum ersten Mal überhaupt im Projektformat Modellbau mittels 3D-Software mit dem PC auszuprobieren. Das kostenfreie, intuitiv bedienbare und über die Cloud von jedem Rechner abrufbare Programm SketchUp eröffnete eine Chance.

Passend zur Arbeitsweise erschien dann auch die Medienstadt Babelsberg in fußläufiger Nachbarschaft des Leibniz-Gymnasiums. So lernte die Klasse 6a beim Stadtspaziergang das Handwerk der Erschaffung von virtuellen Filmwelten im Filmpark Babelsberg und im Volucap-Studio im fx.center des Filmstudios kennen, erfuhr aber auch viel über die Wurzeln des Stadtteils am ehemaligen Lokschuppen und den ältesten Filmstudio-Gebäuden der Filmgeschichte auf dem RBB-Gelände.

Eine große Bandbreite entstand dann auch bei der im Workshop erarbeiteten Themenauswahl. Gleich zwei Teams erarbeiteten Vorschläge für eine Nutzung des Lokschuppens, die das Gebäude in seiner Substanz weitgehend unverändert lassen und trotzdem eine gesamtstädtische Strahlkraft entfalten: Ein Premieren- und 4D-Kino und eine Vertical Farm mit Augmented-Reality-Ausstellung zur früheren Nutzung.

Drei weitere Entwürfe befassen sich mit Neubauten auf dem Freigelände an der Wetzlarer Straße. Ferienwohnungen im Filmwelt-Ambiente „Hobbithöhle“ wurden bis hin zur Innenarchitektur gestaltet und im 3D gebaut genauso wie eine Villa, die Youtube-Produzenten mit perfekter technischer Ausstattung und Räumen zum Vernetzen, z.B. einer Rooftop-Bar, nach Babelsberg locken soll. Unsere Frage an die Schüler*innen nach neuen Ideen für Post-Covid-Wohnungsbau wurde mit einem Entwurf eines großzügigen Apartments mit im Wohnzimmer integriertem Schrank für die Paketanlieferung beantwortet.

Die Verlegung der öffentlichen Präsentation in die Videokonferenz mit 85 Teilnehmern war anfangs für alle Projektbeteiligten unvorstellbar, komplettierte dann aber das Projekt schlüssig mit insgesamt drei völlig neuen Herangehensweisen an ein Stadtentdeckerprojekt. Jede*r  Schüler*in legte die eigenen PowerPoint-Folien der Renderings auf und präsentierte abwechselnd vom heimischen PC aus. Das anschließende Stadtentdeckergespräch entwickelte sogar einen etwas lebhafteren, inklusiveren Charakter, da sich alle Schüler*innen oder auch weitere Lehrer*innen des Leibniz-Gymnasiums mit einschalten und die Eltern per Chat-Funktion kommentieren konnten.

Natürlich war die Pionierarbeit, die die Klasse 6a hier geleistet hat, nicht frei von Schwierigkeiten und oft auch viel Frust. Stabile Internetleitungen, geordnete Datenablage in der Cloud und teamfähige Software sind Voraussetzungen für eine gelingende Arbeit in unserer Zeit, aber noch nicht immer in erforderlichem Maße verfügbar. Die wichtigste Lernkurve haben die Schüler*innen aber für die erhöhten Anforderungen an Kommunikation und Verantwortung jedes einzelnen Teammitglieds, die digitale Zusammenarbeit mit sich bringt, absolviert. Eine Erfahrung, auf die alle noch Jahre später zurückgreifen können.

Beitrag erschienen im Deutschen Architektenblatt 03/2021, Regional Brandenburg

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