6a- 6 Ideen für die Potsdamer Innenstadt

Nach drei Jahren großer Einschränkungen und Veränderungen ist es nun an der Zeit, die Zukunftsfähigkeit der Potsdamer Innenstadt zu untersuchen. Funktioniert die Brandenburger Straße noch als Einkaufsstraße oder sind vielleicht ganz neue Nutzungen für die Innenstadt denkbar? Auch Verkehrswende und Klimaschutz haben einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die Stadtgestaltung. Die Idee für diese Aufgabenstellung hatten projektbegleitender Architekt Alexander Paul und Annett Holtze, die Klassenlehrerin der 6a am Leibniz-Gymnasium, gemeinsam gefunden.

Vorbereitung und Stadtspaziergang wurden unter dem Leitgedanken „Einzelhandel im Wandel der Zeit“ konzipiert. Vom Markt auf dem Bassinplatz über die Wilhelmgalerie aus den 1990er Jahren bis zu einem der letzten deutschen Jugendstilwarenhäuser, dem ehem. „Karstadt“, führte die Route rund um die Brandenburger Straße, welche im Hinblick auf die Nutzungen der einzelnen Läden genau dokumentiert wurde.

Die Projektideen spiegeln auch diese Bandbreite weitgehend wider. Ein Schülerteam möchte der Wilhelmgalerie mit einer begrünten, öffentlich zugänglichen Dachterrasse mehr Leben einhauchen und einen Ort der „Entspannung“ in der Stadt schaffen. Vier Schüler haben den Mut, auf dem Bassinplatz ein dreigeschossiges Fußball-Center mit Indoor-Plätzen zu platzieren, nicht ohne mit ihrem Angebot den sowjetischen Ehrenfriedhof zu berücksichtigen.

Der Großteil der Arbeiten beschäftigt sich allerdings mit der Brandenburger Straße. Monostrukturellem Einzelhandel wird eine Absage erteilt. Stattdessen treten bei allen Vorschlägen soziale und kulturelle Aspekte in den Vordergrund. So wird etwa aus einer Retail-Kette ein nachhaltiges Restaurant. In drei leerstehenden Läden schlagen Schülerinnen ein multifunktionales Tauschkaufhaus mit integriertem „Tafel“-Restaurant und Hygieneräumen für Bedürftige vor. Ein weiterer Laden soll eine „Grüne Bibliothek“ aufnehmen, ein neuer „Dritter Ort“ auch mit kostenlosem Internet-Angebot. Der Wunsch der Stadt nach mehr Grün in der Innenstadt wurde von einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung beim Stadtspaziergang vorgetragen, die Erfordernis von Photovoltaikanlagen von den Lernenden selbst erkannt, die Umsetzung in den 300 Jahre alten Straßen jedoch erstaunlich sensibel gelöst. Die Hausfassaden werden sparsam begrünt und begrünte Pergolen verschatten Bürgersteig und Schaufenster nur in den Fassadenbereichen der Brandenburger Straße, ohne die Sichtachse zu stören. Photovoltaikanlagen befinden sich auf einrollbaren Markisen oder unsichtbar in Glasscheiben.

Fünf Schülerinnen nehmen sich mit Begeisterung des Themas Karstadt an und schlagen eine neue multifunktionale Nutzung des Warenhauses vor. Das Erdgeschoss bietet mit einer Lounge mit Lese- und Arbeitsmöglichkeiten einen „Dritten Ort“, das 1.OG ein Fitnessstudio, während das 2.OG für Bekleidungseinzelhandel verbleibt und das 3.OG das Spielwarenangebot um eine Kita erweitert.

Der Klasse 6a gelingt es, die Innenstadt mit vielfältigen neuen Angeboten zu beleben und adressiert die Belange, die in unserer Zeit wichtig sind: Körperliche Bewegung, kulturelle Angebote, Dritte Orte für Arbeit und sozialen Austausch und vor allem eine Stärkung des sozialen Zusammenhaltes der gesamten Stadtgesellschaft.

Beitrag erschienen im Deutschen Architektenblatt 04/2023, Regional Brandenburg

Fotos: Landeshauptstadt Potsdam / Barbara Plate

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